Galicien :Unser Reisebericht


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Viel Küste und Kultur am Ende der Welt: Galicien ist eine Reise



Vielleicht haben wir es nicht geglaubt, dass man für einen Cent fliegen kann und wollten es einfach testen oder wir waren daran interessiert, wie es am Ende der Welt wohl aussieht oder wollten wir einfach Urlaub in einer touristisch nicht relevanten Gegend machen. Es hatte sich jedenfalls gelohnt, Galicien als Reiseziel zu bestimmen. Und dann sollte es nicht gerade der Jakobsweg sein.

Land, Anreise und Noia:

Galicien ist die regenreiche Nordwestecke der iberischen Halbinsel und wird daher auch Allgäu von Spanien genannt. Dieses Galicien, so groß wie Belgien, wird mit „C“ beschrieben und hat mit dem polnischen Galizien mit „Z“ außer dem phonetischen Gleichklang nichts zu tun. Die rund 2,8 Millionen galegos leben abgeschottet von dem restlichen Spanien hinter der langgezogenen Gebirgskette der Kantabrischen Kordilleren. So erinnert die Region mehr an Irland und Schottland als an Andalusien und Katalonien. Die stark zerklüftete Küstenregion misst rund 1600 km und macht damit ein Drittel der spanischen Küste aus. Neben 800 km Steilküsten gibt es zusammen gerechnet auf 300 km zahlreiche herrliche Sandstrände, die dank der oft abgelegenen Lage und mangels Urlauber sehr einsam sind. Galicien ist neben der Hauptstadt Santiago de Compostela mit seinen 95000 Einwohnern und dem Trubel um den Camino de Santiago (der von León kommend über die Hauptstadt zum Kilometer „0“ am Capo Fisterra führt) vom Tourismus unberührt. Hier machen nur die Spanier aus den großen Städten, wie Madrid und Barcelona, Urlaub, die vor der brütenden Hitze des Inlands in die Sommerfrische des Nordens flüchten. Es gibt -von der portugiesischen Grenze beginnend bis nach Muxía mit Schwerpunkt im Süden- zahlreiche Ferienhäuser, die das Jahr über unbewohnt sind.Wir wollten eine Woche lang die Küste von Pontevedra bis zum Cabo Ortegal abfahren und uns täglich eine neue Unterkunft suchen. Da das Land nicht auf diesen Tourismus vorbereitet ist, war das nicht so einfach. Die Anreise mit dem Ryanair-Flieger von Frankfurt-Hahn nach Santiago de Compostela verlief problemlos und kostete tatsächlich nur ein Cent (mit Steuern, Versicherung, Buchungsgebühr, für zwei Personen hin und zurück: 166,90 Euro), am Flughafen Labacolla fanden wir auch schnell die Niederlassung der HERTZ-Autovermietung, wir hatten einen Pkw bereits mit der Flugbuchung gechartert und bekamen einen fast werksneuen Mercedes A-Klasse mit Automatikgetriebe (Mietpreis: 212,38 Euro, das Fahrzeug hat uns so überzeugt, dass wir uns jetzt auch einen A-Klasse gekauft haben).

Über eine gut ausgebaute Landstraße fuhren wir direkt in Richtung Meer, nach 35 km erreichten wir die Stadt Noia, dort hatten wir auf der Casa da Roncha bei der Familie Abeijón im Ortsteil Argalo für die erste Nacht ein Doppelzimmer mit (zweimal) Frühstück für 52,64 Euro vorgebucht. Die Fahrt von der Küste in die Berge zu dem Bauernhaus war aufregend, in dem kleinen Bergdorf waren die grob gepflasterten Straßen zwischen den engen Mauern so schmal, dass wir gerade noch mit dem Auto passieren konnten. Das Anwesen lag am Ende des Ortes, hier endete die Straße und nachts war es so ruhig, dass man seinen eigenen Herzschlag hören konnte. Es gibt keinen Zweifel: in diesen Bergen muss es noch Wölfe geben.

Noia liegt an einem der für Galicien typischen Ría, es handelt es sich um langgezogene, manchmal fjordartige, Küsteneinschnitte. Das Städtchen mit 15000 Einwohnern wird auch als Schlüssel von Galicien bezeichnet, im Mittelalter reisten die englischen und holländischen Jakobspilger über den wirtschaftlich und strategisch wichtigen Hafen an. Ab dem 12.Jahrhundert war die Stadt Bischofssitz: nach einer Sage landete hier Noah mit seiner Arche, die heute noch ein Teil des Stadtwappens ist. Die Altstadt um die Rúa de Canón und die Iglesia San Martino vermittelt den vergangenen Glanz der Stadt, der gemütliche Spaziergang durch das Städtchen mit der abendlichen Promenade am Rio Tambre war fantastisch.

Tipp: Castro de Baroña >>> Nach 14 km über die Küstenstraße nach Süden bei Porto do Son kommt kann zu einer einzigartigen Siedlung aus der keltischen Eisenzeit: auf einer Halbinsel hinter einem dreireihigen Steinwall liegen die kreisrunden Grundrisse von rund zwanzig Gebäuden. So kann man sich das „gallische Dorf von Asterix und Obelix“ vorstellen, wir hatten das Vergnügen, in den Ruinen einen Inka zu erleben, die wie der Kytta-Indianer zu seinen Göttern betete.

Essen und Trinken in Galicien

Für uns Mitteleuropäer waren die gastronomischen Eigenheiten des Landes ungewohnt. Mittagessen gibt es ab 13:30 Uhr, abends braucht man vor 20:00 Uhr erst gar nicht in ein Lokal zu gehen. Frühstück in unserem Sinne kennt man überhaupt nicht. Im Bauernhaus bei Noia machte sich Herr Abeijón zumindest die Mühe, eine Reihe in Kunststoff eingehüllte essbare Kleinigkeiten bei einem kaffeeähnlichen Getränk zu servieren. Später bekamen wir bestensfalls ein Stück quittegelben Trockenkuchen. Diese Umstände waren es, die uns nach einer festen Unterkunft in der Form eines Ferienhaus gesehnt hatten. In Galicien ist man in einem Land der Fische und Meeresfrüchte. In riesigen Anlagen werden europaweit mit Abstand die meisten Miesmuschel gezüchtet, nach China kommen die meisten Miesmuscheln der Welt aus dem spanischen Nordwesten. Entsprechende Produktions- bzw. Erntezahlen gibt es bei Austern, Herzmuscheln, Schwertmuscheln, Schwimmkrabben, Seespinnen, Kronenhummern, Langusten und Seekraken. Das Angebot der Gaststätten spiegelt die Vielfalt des Meeres wieder, leider mögen wir diese Schlappersachen nicht essen. Schade. Das reichhaltige und frische Angebot war günstig - wobei es kaum Speisekarten gibt, sondern die Tiere der Kundschaft meist noch lebend am Tisch zur Auswahl präsentiert wird. Oder man wählt sich einen Hummer bzw. eine Languste aus dem großen Angebot der Aquarien in den Lokalen aus. Sofern es Speisekarten gibt, sind diese nur in spanischer Sprache verfasst. Wir erlebten an keinem Ort in Galicien Menschen, die englisch oder deutsch sprachen. Im Langscheid-Reisewörterbuch waren viele Begriffe der galicischen Küche nicht vorhanden. Mit einem kleinen Grundwortschatz von pescado (Fisch), insbesondere von Reos (Meeresforellen), Sargo (Brasse), Merluzas (Seehecht) und Lenguados (Seezunge), sowie Carne für Fleisch, kamen wir wunderbar zurecht. Manchmal wurde auch das Tier auf einem Blatt skizziert und das zum Braten geplante Körperteil eingezeichnet. Lustig.

Das beste Mittagsmahl erlebten wir in dem Restaurant Casa Manolo in Caldebarcos bei Carnota. Nach einem wunderbaren Strandspaziergang auf dem feinen weißen zwei Kilometer langen Sandstrand des Ortes kamen wir wie üblich zu früh gegen 12:45 Uhr im Lokal an. Nach den üblichen Sprachproblemen und mangels Speisekarte bestellten wir Fischfilet und Schweinekotelett. Der zunächst menschenleere Raum war sehr vornehm eingerichtet: Die Tische mit Damastdecken waren mit gutem Porzellan, Kristallglas und schweren Bestecken eingedeckt. Nach uns nach füllte sich das Lokal und es waren bestimmt nicht die ärmsten Galicier. Dunkle Anzüge, Schlips und vornehme Kleider - jedoch fielen wir in unserer Jeansreisetracht offenbar nicht unangenehm auf. Das Essen war sehr reichhaltig und gut (die Olivenöl geschwenkte Kartoffeln habe ich nie besser erlebt). An den Nachbartischen wurden die lebenden tortentellergroßen Seespinnen vor dem Sprung in das kochende Wasser vorgezeigt. Uns kostete der Spaß mit einer Flasche Rioja und Wasser, Brot und zwei Salaten 37 Euro. Das war günstig!

Hòrreo

Nahezu überall in Galicien stößt man auf Hórreos. Es handelt sich um Getreidespeicher, zumeist aus Granit oder Ziegeln, die auf Stelzen stehen. Auf diesen steinern Pfeilern liegen große Steinscheiben, auf denen dann der eigentliche Speicher sitzt. Die Steinplatten bilden einen Überhang, der von am Boden lebenden Tieren nur sehr schwer zu überwinden ist. Die Seitenwände haben Luftschlitze, diese Bauweise begründet sich in den klimatischen Bedingungen im Nordwesten Spaniens. Niederschlagsmengen von bis zu 2000 mm/m² in Galicien und die daraus resultierende hohe Luftfeuchtigkeit lassen die Vorräte bei schlechter Durchlüftung verrotten. Auf den Stirnseiten der Dächer findet man oft ein christliches Kreuz und auf der jeweils anderen Seite ein fica, eine kleine Pyramide als Zeichen für Fruchtbarkeit.

An der Küste entlang nach Norden

Wie schon erwähnt sind an den Küsten Galiciens die so genannten Rías typisch, dabei handelt es sich um schlauch- und trichterförmige, fjordähnliche Flussmündungen, in die das Meer eingedrungen ist. Im Gegensatz zu Fjorden weisen die Rías allerdings nur eine geringe Tiefe auf.Unterschieden werden die Rías Baixas und die Rías Altas. Die Rías Altas im Norden reichen von Ribadeo bis A Coruña. Die Rías Baixas reichen vom Cabo Fisterra bis zur portugiesischen Grenze. Das Hauptunterscheidungsmerkmal der beiden Küstenabschnitte ist die jeweils sehr spezifische Küstencharakteristik. Während die Rías Baixas sanft ins Meer laufen, ist der Verlauf der Rías Altas wesentlich steiler. So finden sich an den Rías Altas auch die höchsten Kliffs des europäischen Kontinents. Diese liegen in San Andrés de Teixido, nahe Ferrol, und erreichen eine Höhe von 620 m. Die größte Ría ist die zu den Rías Baixas gehörende Ría de Arousa. Diese hat eine Länge von 37 km und eine Tiefe von maximal 69 m. Auffällig sind die zahlreichen Holzflöße, an denen Miesmuscheln gezüchtet. Zwischen den beiden Bereichen liegt die schroffe und wilde Todesküste, die Costa da Morte.

Die erste Tagestour führte uns von Nioa nach Muxia. Die erste größere Pause legten wir nach 33 km in Muros ein, es ist wegen der mittelalterlichen Häusern und verwinkelten Gassen wohl das schönste Fischerort an der Küste. Nach einem langen Spaziergang fuhren wir einige Kilometer weiter und erreichten den Praia de Louro - ein sehr langer weißer Sandstrand. Schuhe aus und rein in das angenehm warme Atlantikwasser. Schon zehn Kilometer weiter nach Norden erreichen wir Carnota mit dem mit 35 Meter längsten Hórreo Galiciens. Zur Mittagszeit landeten wir im Restaurant Casa Manolo (siehe oben), um auf dem herrlichen sieben Kilometer langen Sandstrand von Carnota einen ausgiebigen Verdauungswanderung zu erleben.

Nach 35 km Fahrtstrecke kommen zum Ende der Welt: Cabo Fisterra. Hier ist der legendäre Kilometer Null des Jakobsweges am Leuchtturm auf dem Kap, das rund vier Kilometer außerhalb der 5000-Einwohner großen Gemeinde liegt. Für viele Pilger ist es wichtig, dort am Finis Terrae (wie es schon die Römer nannten) -zumindest einige der getragenen- Kleider zu verbrennen. Wir fanden es sehr beeindruckend, in dem kleinen Café zwischen vielen Menschen aus aller Welt einen Kaffee zu trinken.

Das Wetter hatte sich zwischenzeitlich deutlich verschlechtert, bei Sprühregen kamen wir in dem windreichen Muxia an und mieteten uns im wohl einzigen Hotel La Cruz von Frau Manuela Perez Varela für 43,90 Euro (Doppelzimmer ohne Frühstück) ein. Das Haus machte von außen einen besseren Eindruck als von innen. Bad und Stube waren aus den 1950-er Jahren, die Wirtin kannte Deutschland, sie habe zwei Jahre lang in Wiesbaden gearbeitet (sie sprach aber kein Wort deutsch). Muxia selbst ist nicht gerade eine Sensation, doch hier liegt eines der berühmtesten Heiligtümer Galicien: Sanctuario de Nosa Senora da la Barca. Hier landete der Sage nach die Schiffsmadonna, um den Apostel Jaokobus zu besuchen. Vor der Kirche an der Spitze der Landzuge liegt der Pedra da abalar, es ist das zehn Meter lange versteinerte Segel des Madonnenschiffs.

Am kommenden Tag erlebten wir einen der Höhepunkte der Galicienreise: die Fahrt auf der Ruta da Costa da Morte von Cabo Vilán (mit dem lichtstärksten Leuchtturm Nordspaniens) über Ponte do Porto (mit einem typischen Wochenmarkt mit einer bunten Vielfalt an Angeboten) und Boano (herrlich einsamer Sandstrand Praia de Traba) nach Laxe (mit einem langgezogenen breiten weißen Strand und der Kirche Santa Maria de Atalaia aus dem 14. Jahrhundert unmittelbar am Hafen) und schließlich zu einer herrlichen Aussicht an der Ermida de San Adrian mit Blick auf Malpica und die drei Sisargas Inseln. Immer wieder zwischen hohen Felsen oder auch weitausladend (wie Praia dos Riás und Praia de Baldaio) finden wir traumhafte Sandstrände, die uns ganz alleine zu gehören scheinen.

Malpica, insgesamt 6300 Einwohnern, liegt eng im Berg eingeschnitten. Wir kämpften uns durch die verkehrsreiche und belebte Stadt bis zum Hafen hinunter. Dort gab es kein Parkplatz und damit auch keine Chance, eine Hotel zu finden. In dem folgenden Küstenabschnitt bis Caión mit seinen hohen Sanddünen konnten wir auch keine brauchbare Unterkunft ergattern. Zum Glück!

Arteixo liegt im Landesinnern und hat 30000 Einwohner. Es ist als Industriestadt mit Textilfabriken und einer Ölraffinerie alles andere als ein romantischer Urlaubsort, sollte aber wegen der verkehrsgünstigen Lage und dem guten Hotel für die nächsten Tage als Basisstation dienen. Das Hotel Florida, Avda Finisterre 19, liegt an einer verkehrsreichen Ortsdurchgangsstraße. Wir bekamen im ersten Stock das Zimmer auf der spitzen Hausstirnseite mit einer großen runden Fensterfläche. Die Fahrzeuge auf der zweispurigen Straße kamen uns im Bett liegend auf der Bergabfahrt quasi in Augenhöhe zu Gesicht. Sehr beeindruckend, wie das gesamte sehr geräumige Zimmer mit Parkettboden, Kühlschrank, TV mit deutschen Sendern, Marmorbadezimmer etc.. Alles sehr neu und sehr sauber - das ganze für 45,79 € pro Nacht zu zweit (ohne Frühstück). In dem Restaurant Parrillada la Florida des Hotels hatten wir fantastische Abendessen (Menu Fisch oder Fleisch zu 14,00 Euro, Wasser 0,5l: 1,40 €, Ribeiro-Rotwein 0,5l: 7,00 €). Nicht schlecht war das Essen auch in der Casa Lola, ca. 500 Meter im Tal unter dem Hotel. Hier wird im Lokal frisch gegrillt (großer Grillteller: 8,50 € - dazu Portion Brot: 0,80 €; Flasche Rotwein: 10,00 €, Espresso: 0,90 €).

A Coruna


A Coruna wird wegen den galerías auch die gläserne Stadt genannt. An der Hafenpromenade mit schönen Parkanlagen wurde Ende des 18. Jahrhunderts die nach Süden ausgerichteten Hausseiten mit Vorbauten aus Glas und Holz zum Schutz vor Regen und Wind angebaut. Diese glänzenden Häuser verleihen dem galicischen Zentrum einen besonderen Charme, der sich auch über die angrenzende Altstadt mit seinen romantischen kleinen Geschäften, Herrenhäuser und Kirchen bis zu dem großflächigen Hauptplatz der Stadt María Pita erstreckt. Es ist einfach phantastisch, in einem der Cafés an dem Platz bei Tapas zu sitzen, um dem geschäftigen Treiben zu folgen. Samstags hat man Glück, die in Schlange stehenden Gruppen von Traugesellschaften vor dem Rathaus in den vornehmen Kleidern zu bewundern. Selbst hier im Herz der Stadt zahlten wir für einen Espresso nur 1,00 €, doppelten Espresso 1,30 €, Mineralwasser 1,30 €, eine Portion Tapas 1,00 €. Von vier Portionen der kleinen Köstlichkeiten wurde man aber statt.

Hier besuchen wir natürlich auch das Wahrzeichen der Stadt und der ganzen Region: den Herkulesturm Torre de Hércules, dem in römischer Zeit des 2. Jahrhunderts errichteten ältesten noch funktionierende Leuchtturm der Welt. Tatsächlich wurde heutige Bau 1791 errichtet und nur wenige der 242 Stufen zur 150 Meter hohen Turmspitze sind aus römischer Zeit, von oben hat man einen hervorragenden Ausblick über die Stadt und das Meer. Für diese vielfältige Stadt sollte man sich jedenfalls einen ganzen Tag Zeit nehmen. Einen großen Spaß gab es im Parkhaus, als der Automat beim Bezahlen unser Ticket geschluckt hatte und nicht wieder hergab. Es folgte eine lange Diskussion am Lautsprecher an der Ausfahrtsschranke in deutsch, englisch, französisch und unseren bescheidenen Spanischkenntnissen. Der auf der anderen Seite sitzende Mann mit ausschließlichem spanischen Sprachsatz gab nach zehn Minuten entnervt auf und ließ und fahren.

Ausflug in den Norden bis Ortigueira

Die Fahrt mit tollem Ausblick über das schäumende Meer des Ría de Betanzos nach Neda bei Ferrol und von hier durch das Inland über die Landstraße 862 über Avenia do Marqués de Figueiral, Mera, am Ria de Santa Marta vorbei zu dem beschaulichen Küstenort Ortigueira mit seinen vielen kleinen Kunstwerken an und in den Straßen hat sich gelohnt. Die weitläufigen aromatischen Eukalyptuswälder erinnern uns tatsächlich mehr an eine Fahrt durch die Alpen als an Spanien. Tipp: Cabo Ortegal: Ganz toll und ganz besonders zu empfehlen ist der Abstecher über Carino zum Cabo Ortegal. Auf einer Halbinsel kommt man nach gut drei Kilometern schmaler Küstenstraße zu einem Leuchtturm mit einer ausgezeichneten Blick in das tosende Meer. Selten haben wir in den Jahren die Wildheit der See tiefer erlebt als hier. Während unserer Rast bei Weck, Worscht und Weu kamen die sehr freundliche Leuchtturmwärtin mit ihrem Hund zu Besuch.

Nur wenige Kilometer weiter, sehr steil durch die Berge, erreicht man San Andrés de Teixido. Das Küstendorf San Andrés de Teixido ist ein Wallfahrtsort, dessen Spuren mehr als jeder andere Pilgerort in Spanien an die Geschichte des Pilgerns und der Wallfahrt heranführt. Es war bis zur Vermarktung des Jakobsweges und Santiago de Compostela lange Zeit der wichtigste Wallfahrtsort auf der iberischen Halbinsel. Der Überlieferung nach soll Jesus höchst persönlich Andreas für Missionszwecke an die unwirtliche Nordwestküste Spaniens beschickt haben. Jeder Spanier soll mindestens einmal im Leben nach San Andrés pilgern. Ao San Andrés de Teixido vai de morto, o que no foi de vivo (Wer nicht als Lebender nach San Andrés pilgert, muss es als Toter tun). In der Kirche wirkten die Spendengaben aus quietschbuntem Kunststoff und die elektrischen Kerzen, die mittels Münzeinwurf zum Leuchten gebracht werden, eher kitschig auf uns. Wir wurden mit einem beeindruckenden Blick durch die Palmen der Wallfahrtsstätte zum Meer und der Sierra de la Capelada entlohnt. Die Fahrt von der Kirche durch die mit Pinien bewachsene Hochebene mit etlichen wilden Pferde zu dem 614 m hohen Aussichtpunkt Carita Herbeira auf der höchsten Spitze sollte man nicht scheuen: die Steilküste ist hier mit 620 Metern die höchste Europas (allerdings nicht Kliff, wie manchmal beschrieben - das erlebt man mit Slieve Laegue in Irland). Ein unvergessliches Naturerlebnis!

Die schmale Bergstraße bringt uns nach Cedeira. Nach einem Kaffee (0,95 €, Cappuccino 1,65 €) schlendern wir durch die verwinkelten Altstadtgassen, vorbei an den Häusern mit den galerías (geschlossenen Veranden wie in A Coruna) und über die Promenade am Ría Condomina. Frisch gestärkt folgenden wir der Landstraße 116 über Pantin, Atios und machen einen Abstecher zum Cabo Prior. Alte unterirdische Verteidigungsanlagen der Neuzeit schützen uns vor dem heftigen Wind und der spritzenden Gicht, rechts nach Norden gibt es die nicht enden wollenden Sandstrände Praia de Cobas, Praia de Ponxo und Praia de Casal.

Santiago de Compostela

Die beiden letzten Nächte diese Reise verbrachten wir in dem HUSA-Hotel Santiago Apostol, Cuesta de San Marcos 1, am Stadtrand von Santigao de Compostela und von daher mit 50,00 € pro Nacht für zwei Personen mit Frühstück nicht gerade teuer. In dem hellhörigen Hotel störten tatsächlich nur die weinseligen Pilgerinnen, die nachts zwischen 02:00 und 04:00 Uhr, heimkehrten. Das Frühstück in dem etwas ungemütlichen Kellerraum war gut, im Hotelrestaurant gab es den Ensalada Pollo für 5,50 €, das Entrecot Plancha für 10,00 €, 0,25 l Wasser für 1,25 €, ein Bier 0,3 l für 1,75 € und eine Flasche Rotwein Bordon 1997 für 9,80 €. Da stimmte das Preis-/Leistungsverhältnis.

Sehr wohlgefühlt haben wir uns auch in der weitläufigen Fußgängerzone der Innenstadt mit den vielen kleinen Geschäften und Gaststätten rund um die berühmte Kathedrale. Hier erlebten wir die große Messe, bei der ein ca. 1,60 m hohes Weihrauchfass an einem 30 Meter langen Seil befestigt von sechs oder sieben Patern in die Höhe gezogen und durch das Querschiff gependelt wird. Faszinierend, auch für Nichtpilger. Rund 30 Minuten vor der Messe wird die Gemeinschaft in dem überfüllten Gotteshaus von einer Schwester „eingesungen“. Angeblich wird man nur an hohen Feiertagen Zeuge dieser Zeremonie, offenbar bezahlen aber Kreuzfahrtschiffe für ihre Passagiere diese Aufführung, die sich dann mehrfach im Jahr wiederholt.

Unweit der Kathedrale gab es in dem engen Restaurante Barbantes lecker Essen, das Menu Fisch oder Fleisch jeweils für 15,00 €. Das war für die zentrale Lage und den zahllosen Pilgern auch nicht zu teuer.

Tipp: San Francisco: Im Nordwesten der Stadt gibt es das Kloster und die Kirche San Francisco in einem schönen Freizeitpark der Einheimischen. Über die Rua de San Payo de Monte den Berg hoch durch einen dichten Eukalyptuswald kommt man auf die Bergspitze mit Sendeanlagen. Man hat einen entzückenden Blick auf die ganze Stadt mit der Kathedrale im Herzen.

Zum Abschluss der Reise wollten wir uns das Gebiet um Vilagarcia am Ría de Arousa mit der sehenswerten Küstenstraße über Cambados bis O Grove nicht entgehen lassen. Dieser Tagesausflug in das flache Galicien ist empfehlenswert, eine schöne lange Rast legten wir auf den flach geschliffenen Felsen des Punta Cabo auf der (Halb-)Insel Illa de Arousa ein. In den Orten dieses Küstenabschnittes spürte man schon eher einen Inlandstourismus. Übrigens wurden wir hier an der Tankstelle Campsa Estaciones in O Grove (erstmals wieder nach einem Vorfall im Jahre 1984 im ehemaligen Jugoslawien) übers Ohr gehauen: man hatte offenbar den Zähler nicht zurückgesetzt, der Tank war trotz voller Bezahlung nur halbvoll. Der Tankwart war jung, vielleicht brauchte er das Geld ….

Fazit

Es war insgesamt ein toller Urlaub in einem touristisch unerschlossenen Gebiet Europas. Wer die Küsten von Irland und Schottland liebt, wir von Galicien nicht enttäuscht sein. Eine Reise im April oder Mai verspricht halbwegs stabiles Wetter, das Meer ist schon warm genug, um stundenlang im Sand zu wandern. Beim nächsten Besuch werden wir ein verkehrsgünstiges, zentral gelegenes Ferienhaus zwischen Muros und Malpica suchen, da geeignte Hotels eher Mangelware sind. Wir können Galicien jedenfalls empfehlen!











 

Zuletzt geändert: 30.01.2011, 17:05:18